
Die Geschichte Afrikas ist gespickt mit Geschichten des Widerstands gegen koloniale Unterdrückung. Eine dieser Geschichten, oft übersehen, spielt sich in den 1930er Jahren in Äthiopien ab. Der Italienisch-Äthiopische Krieg (1935-1941), ein Konflikt geprägt von brutaler Kolonialisierung und heroischem Widerstand, bietet ein faszinierendes Fensterblick auf die Geschichte dieses stolzen afrikanischen Landes.
Im Zentrum dieser Geschichte steht eine Figur, die bis heute in Äthiopien verehrt wird: Imperatrix Zewditu.
Zewditu bestieg den Thron als erste äthiopische Kaiserin im Jahr 1916, nachdem ihre Cousin, Kaiser Menelik II. verstorben war. Ihre Herrschaft fiel in eine Zeit immenser politischer Umbrüche und internationaler Spannungen. Während Europas Mächte ihre Kolonien ausbauten, sah sich Äthiopien zunehmend unter Druck.
Italien, unter der Führung von Benito Mussolini, hatte bereits 1896 einen erfolglosen Versuch unternommen, Eritrea zu erobern. Nun strebte Mussolini nach einer Wiedergutmachung und plante die Annexion Äthiopiens, um das italienische Imperium in Afrika zu erweitern.
Zewditu erkannte die drohende Gefahr frühzeitig. Sie investierte in die Modernisierung der äthiopischen Armee und suchte diplomatisches Unterstützung bei den europäischen Mächten. Doch Italien ignorierte jegliche diplomatischen Bemühungen. Mussolini sah Äthiopien als eine „weiche“ Beute, die sich leicht erobern ließen.
Im Oktober 1935 überrannten italienische Truppen Äthiopien. Die anfänglichen Erfolge der italienischen Armee waren beachtlich. Die italienische Luftwaffe beschoss äthiopische Städte und Dörfer, während ihre Infanterie, unterstützt von Panzern, durch das Land vorrückte.
Doch Zewditu gab die Hoffnung nicht auf. Sie rief den jungen Kronprinzen Ras Tafari (später bekannt als Kaiser Haile Selassie I.) zurück ins Land. Ras Tafari war ein charismatischer und geschickter Führer, der schnell die Loyalität des Volkes gewann.
Zewditu unterstützte Ras Tafaris Pläne für einen guerilla-artigen Widerstand gegen die Italiener. Sie mobilisierte die Bevölkerung und organisierte Hilfslieferungen an die kämpfenden Einheiten.
Unter Zewditus Führung wurden die äthiopischen Truppen in eine effektive Streitmacht umgestaltet.
Die italienischen Eroberer unterschätzten den entschlossenen Widerstand der Äthiopier. In einer Reihe von Schlachten, wie der Schlacht von Amba Aradam, bewiesen die äthiopischen Truppen ihren Mut und ihre strategische Geschicklichkeit.
Der Italienisch-Äthiopische Krieg war nicht nur ein militärischer Konflikt, sondern auch eine Auseinandersetzung um kulturelle Identität und nationale Unabhängigkeit. Die Italiener versuchten, die traditionelle äthiopische Kultur zu unterdrücken und Italienisch als offizielle Sprache des Landes zu etablieren.
Zewditu erkannte die Gefahr für ihre Kultur und ihr Volk. Sie setzte sich unermüdlich für den Erhalt der traditionellen Werte und Bräuche ein.
Obwohl Zewditu 1930 abdicierte, blieb sie eine wichtige Figur im Widerstand gegen die italienischen Besatzer. Ihre Unterstützung für Ras Tafari trug maßgeblich zu dessen Aufstieg zum Kaiser bei.
Ras Tafari, nach seiner Krönung als Haile Selassie I., führte den Widerstand gegen Italien weiter. Er appellierte an die internationale Gemeinschaft und brachte den Fall Äthiopiens vor die Liga der Nationen.
Obwohl die Liga der Nationen letztlich versagte, Italien zu verurteilen und Sanktionen gegen das Land zu verhängen, trug Ras Tafaris Appell international für Aufmerksamkeit und Solidarität mit Äthiopien sorgte.
Der Widerstand gegen die italienische Besatzung dauerte bis 1941 an, als britische Truppen in Zusammenarbeit mit äthiopischen Widerstandskämpfern Italien aus dem Land vertreiben konnten.
Die Geschichte des Italienisch-Äthiopischen Krieges ist eine Geschichte von imperialem Ehrgeiz und brutaler Kolonialisierung. Doch sie ist auch eine Geschichte des Widerstands, der Entschlossenheit und des Triumphs über Unterdrückung.
Zewditu spielte eine entscheidende Rolle in diesem Kampf. Ihre Führung, ihr Mut und ihre Hingabe an ihr Volk machten sie zu einer wahren Heldin Äthiopiens.